Die wichtigsten Fehler beim Patentieren von Erfindungen

Erfindungen müssen eine Reihe von Kriterien erfüllen, damit am Ende eines Verfahrens ein erteiltes Patent bzw. gewerbliches Schutzrecht steht, das auch wirklich verwertet werden kann. Im Folgenden beschreiben wir Ihnen die wichtigsten Fehler und Missverständnisse, die aus der Praxis des TUGZ@OVGU immer wieder zu beobachten sind.

 

1. Veröffentlichung der Erfindung vor Einreichung der Patentanmeldung

Wird der Inhalt einer Erfindung vor dem Datum der Patentanmeldung veröffentlicht, dann ist eine Patenterteilung ab diesem Zeitpunkt ausgeschlossen. Es fehlt das wesentliche Merkmal der Neuheit. Auch wenn nur einige (wichtige) Merkmale der Erfindung veröffentlicht wird, kann die Patenterteilung fehlschlagen; wenn nämlich die Erfindung anhand der veröffentlichten Merkmale durch einen Fachmann in nahe liegender Weise nachgebaut werden kann, fehlt das Merkmal der erfinderischen Tätigkeit.

Der Begriff "Veröffentlichung" ist weit gefasst. Dazu gehört nicht alleine eine klassische wissenschaftliche Publikation, sondern eben auch eine Posterpräsentation auf einem Kongress, auf dem vielleicht nur zwei Teilnehmer*innen waren. Gespräche mit "guten Freund*innen" oder Kolleg*innen sind ebenso zu vermeiden wie Gespräche im öffentlichen Raum, beispielsweise im Zug oder Flugzeug, wo Dritte mithören können.

Selbst die Eingabe der Idee bei Webdiensten wie Google Translate (weil man die Idee eben mal schnell übersetzen möchte) reicht aus, um als Vorveröffentlichung zu gelten und damit eine Patentierung unmöglich zu machen.

Auch Geheimhaltungsvereinbarungen bieten keinen absoluten Schutz bezüglich der Frage einer Vorveröffentlichung. Bitte warten Sie stets die Einreichung der Erfindung zum Patent ab (Stichtag "Prioritätsdatum"), bevor Sie damit an Dritte herantreten. Andernfalls steht Ihre eigene Vorveröffentlichung dem Patentschutz entgegen.

Eine Veröffentlichung muss zu deren wirksamen Entgegenhaltung der Öffentlichkeit zugänglich sein, beispielsweise als Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation, die in einer Bibliothek zugänglich ist.

 

2. Die Rechte an der Erfindung sind unklar geregelt

Als Erfinder*innen sollen nur solche Personen benannt sein, die einen relevanten Beitrag zur Erfindung geleistet haben - aber im Gegenzug müssen alle Personen, die Beiträge geleistet haben, aufgeführt werden. Hier ist zu beachten, dass man seine Kolleg*innen und Mitarbeiter*innen nicht dadurch unterstützen würde, dass man sie auf einer Patentschrift mit aufführt, selbst wenn sie keine nennenswerten Beiträge geleistet haben. Ebenso ist es fatal, Beitragende aus der Erfindungsmeldung außen vor zu lassen, weil es sich ja "nur" um Studierende oder Hiwis handelte. Die Liste der an der Erfindung Beteiligten muss vollständig angegeben sein.

Studierende ohne Dienstvertrag mit der OVGU sind regelmäßig als freie Erfinder*innen zu bewerten, die durch Übertragung der Rechte den angestellten Erfinder*innen gleichgestellt werden können. HiWis sind dagegen keine freien Erfinder, da ein Vertragsverhältnis (Beschäftigungsverhältnis) mit der OVGU vorliegt.

Insbesondere dann, wenn die Erfindung im Rahmen eines klassischen Drittmittelprojekts geleistet wurde, sind auch die Rechte von Partner*innen außerhalb der OVGU zu berücksichtigen. So kann im einem Drittmittelvertrag zu einem Projekt bereits vorab geregelt sein, wie mit Erfindungen umzugehen ist; dies muss unbedingt geprüft und auch im Formular zur Erfindungsmeldung vollständig und eindeutig angegeben sein.

Ebenfalls zu beachten - sobald alle Erfinder*innen das Formular zur Erfindungsmeldung unterzeichnet haben, sind die dort getroffenen Aufteilungen (prozentuale Beteiligung an der Erfindung und damit auch die spätere Aufteilung der Arbeitnehmererfindungsvergütung) unwiderruflich fest. Nachverhandlungen mit dem TUGZ@OVGU, dem einen oder anderen Mitglied des Erfindungsteams wieder was wegzunehmen bzw. oben drauf zu packen, werden nicht erfolgreich sein.

Wenn innerhalb der relevanten gesetzlichen Fristen kein Konsens innerhalb der Erfindergemeinschaft, zu der beispielsweise auch ein oder mehrere externe Partner gehören können, zu den Rahmenbedingungen der Rechte und der Erfindungsanteile getroffen wird, wird die OVGU für ihre Arbeitnehmer-Erfinder*innen eine Bruchteilsgemeinschaft nach BGB annehmen und ggf. eine Anmeldung auch ohne Konsens mit dem externen Partner vornehmen.

 

3. Fehlende Recherchen im Vorfeld der Erfindungsmeldung

Die drei wichtigen Kriterien für Patente sind (1) Neuheit, (2) erfinderische Tätigkeit, und (3) gewerbliche Anwendbarkeit. Vor der Einreichung einer Erfindungsmeldung sollte daher stets geprüft werden, ob eine Erfindungsmeldung in der Tat eine Erfindung, d.h. etwas "Neues", beschreibt. Die Neuheitsprüfung kann sowohl durch eigene Recherchen als auch durch das professionelle Team des Patentinformationszentrums (PIZ) an der UB@OVGU durchgeführt werden. Hinweise zu den Recherchemöglichkeiten des PIZ und den Prozessen finden Sie hier. Auch Marken und Designs sollten vor Anmeldung sorgfältig recherchiert werden.

Erfahrungsgemäß werden nur rund 50 % der Patentanmeldungen auch erteilt, d.h. das Patent wird eingetragen. Oftmals stellten die Prüfer*innen in den Patentämtern fest, dass wesentliche Merkmale der Erfindung weder neu sind, noch eine erfinderische Tätigkeit aufweisen, oder mindestens eines dieser Merkmale fehlt. Rechercheure haben jahrelange Berufserfahrung mit der Recherche, beispielsweise in Patentdatenbanken. "Stand der Technik" ist alles, was irgendwann, irgendwie und irgendwo der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Selbst die Veröffentlichung auf einer Homepage oder eines Internet-Forenbeitrages oder die Verwendung von Google Translate sind Veröffentlichungen, auch wenn sie nur einmalig waren oder nur kurz online waren. Was einmal Stand der Technik war, bleibt für immer Stand der Technik.

 

4. Fehlende wirtschaftliche Verwertbarkeit oder Verwertungsmöglichkeiten

Erfindungen und Patente verkaufen sich nicht von alleine. Es erfordert ein hohes Maß an Aufwand, Zeit und Energie, um eine Erfindung auf den Markt zu bringen und damit am Ende auch Geld zu verdienen. Unternehmen dafür zu begeistern, ungeprüfte und ggf. risikoreiche Ideen weiterzuentwickeln und in diese neuen Ideen eigenes Geld zu investieren, ist ein schwieriges Unterfangen. Manchmal überschätzen auch die Erfinder*innen den Markt für ihre Ideen und vernachlässigen Konkurrenzprodukte mit ähnlichen Eigenschaften.

Oftmals liegen die Erfindungen auch in einem noch frühen Stadium vor und erfüllen nicht die Erwartungen von möglichen Verwertungspartnern bezüglich der (technischen) Reife. Erfahrungsgemäß kann eine Erfindung erst dann erfolgversprechend verwertet werden, wenn Prototypen bzw. experimentelle Daten mindestens mit einem TRL (technology readiness level) der Stufe 6 vorliegen.

 

5. Fehlende Patentierungsstrategie

Patentierungsstrategien, die nicht zu wirtschaftlichen Umsetzungen bzw. zu den Geschäftsmodellen von IP-basierten Ausgründungen passen, sind nur in bestimmten Fällen sinnvoll; beispielsweise wenn durch die Veröffentlichung Stand der Technik geschaffen werden soll, der die Konkurrenz ausbremst.

Würden beispielsweise relevante Länder oder Gebiete im Rahmen der Patentierung ausgelassen werden, kann eine Erfindung bzw. eine Patentfamilie für einen Lizenznehmer oder ein Start-Up schnell uninteressant sein, weil die Umsätze in diesen Märkten dem (Preis-)Wettbewerb unterliegen. Werden hingegen zu viele Länder ausgewählt, können schnell sehr hohe Kosten anfallen, die das verfügbare Budget deutlich überschreiten. Die Patentierungsstrategien zu Erfindungen der OVGU wird durch das IP-Board bewertet und der Hochschulleitung zur Entscheidung vorgeschlagen. Dieses Gremium von Expert*innen für IP-Fragen an der OVGU prüft die Vorschläge für Nationalisierungen sowie auch Verwertungsstrategien, gibt Empfehlungen ab, und unterstützt damit auch den Erfinder*innen sowie das TUGZ@OVGU.

 

6. Wichtige Fristen

Erfindungen, die von der OVGU als Arbeitgeber nicht in Anspruch genommen werden und/oder die vollständig oder teilweise (für bestimmte Regionen und Nationen) freigegeben werden, sind in diesem explizit frei gegebenen Bereich durch die Erfinder*innen frei verwertbar. Die Anmeldung und Aufrechterhaltung von gewerblichens Schutzrechten obliegt hier alleine den Erfinder*innen auf eigene Kosten und Risiken.

Bei freien/frei gegebenen Erfindungen gilt daher, dass die Erfinder*innen selbst für das Fristenmanagement verantwortlich sind. Werden wichtige Fristen versäumt, kann beispielweise die Möglichkeit zu Ausdehnung des Schutzes auf weitere Länder oder Gebiete ablaufen oder im schlimmsten Fall der Patentschutz unwiderruflich verfallen. Es wird daher dringend empfohlen, Anmeldungen und Fristenübewachungen durch professionell agierende Patentanwaltskanzleien vorzunehmen und als freie Erfinder*in nicht selbst und ohne Unterstützung durch qualifizierte Dritte aktiv zu werden.

Letzte Änderung: 11.11.2020 - Ansprechpartner: